Russische Uhren
Die Vor-Geschichte - 1404 bis 1917
Vom Umgang mit der Zeit
Wenn man die Entwicklung der Russischen Uhrenindustrie verstehen will, dann muss man in die Geschichte eintauchen - in die der Uhrmacher-Kunst und in die politische und wirtschaftliche Situation in Russland.
Die Geschichte Russlands als Staat beginnt mit der Gründung der Rurik-Dynastie im Jahr 862. Moskau wurde erst knapp 300 Jahre später, im Jahr 1147, gegründet und erhielt 1156 die erste - hölzerne - Kreml-Mauer.
1232 fiel die tatarisch-mongolische „Goldene Horde“ in Russland ein. Der Moskauer Großfürst Dimiti Konskoi hat sie zwar am 8. September 1380 in der Schlacht von Kulikow vernichtend geschlagen aber bereits 1382 wurde Moskau von den Goldenen Horden erneut niedergebrannt und geplündert.
Dimitri Konskoi und sein Sohn Wassilij I. bauten die Stadt wieder auf und leiteten eine lange Phase des wirtschaftlichen und auch politisch sowie militärischen Wachstums und einer kultureller Blüte ein.
In dieser Zeit, 1404, baute der Mönch Lazar die erste russische Turmuhr für den Palast des Großfürsten Wassilij I. und erste Sternwarten wurden gegründet.
250 Jahre später - die Romanow-Dynastie hat die Ruriks abgelöst - war Moskau eine Großstadt mit vielen Manufakturen und Fabriken und mehreren ringförmigen Mauern und Wallanlagen.
Auf der Zeichnung von Augustin Freiherr von Meyerberg, Tafel 63, heißt das Haupttor zum Kreml (Ziff. 8) noch, wie seit seiner Erbauung im Jahr 1491, „Frolowskaja Tor“. 1658 hat Zar Alexei I. es umbenannt in „Erlöserturm“ - СПАССКАЯ БАШНЯ.
Der Kreml, der um 1500 sein heutiges Aussehen erhielt, war als Machtzentrum eine Stadt in der Stadt.
Auf Tafel 35, Ziff. 10, seiner Zeichnungen spricht Meyerberg vom Spasski-Tor an welchem sich die Uhr befindet. Der Turm ist bei ihm immer noch nach Froloff benannt.
Die Wehrtürme des Kreml hatten neue Aufbauten und das 1624/25 von Chritopher Galloway gebaute „Horologium Moskoviticum“ am Spasski-Turm wurde die Haupt-Uhr für Russland.
Meyerberg nennt sie auf seiner Tafel 64 noch „Die Froloffsche Uhr“.
(Der russische Text ist weiter unten in diesem Kapitel, wo auch die Funktion der Uhr erklärt wird, auf einer anderen Abbildung auf Deutsch.)
Peter I. öffnete Russland nach Westen. Und im Jahr 1709 hat er die Galloway-Uhr durch eine moderne Uhr mit 12-Stunden-Zifferblatt und Glockenspiel ersetzt.
Mit der Gründung von St. Petersburg im Jahr 1703 verlor Moskau bis zur Oktoberrevolution im Jahr 1917 seine Vormachtstellung als Hauptstadt.
Die Merian-Karte aus "Theatrum Europaeum" von 1783 zeigt den Verlauf der Newa und St. Petersburg an der Mündung – mit der Peter-Pauls-Festung im Mittellauf der Newa und der Admiralität am benachbarten südlichen Ufer.
Im Westen liegen Peterhof, in dessen Nachbarschaft später die ЛЕНИНГРАДСКОЕ ПО „ПЕТОДВОРЦОВЫЙ ЧАСОВОЙ ЗАВОД“ gebaut wurde und Strelna, wo Putin 2013 den G 20-Gipfel ausrichtete.
Im Osten, am Ladoga See liegt das alte schwedische Notteburg, das Peter I 1702 erobert und in Schlüsselburg umbenannt hat, sowie die 1703 von ihm eroberte Festung Neuschanz.
Mit Peter I. begann eine Vielzahl von Reformen, die unter seinen Nachfolgern und Nachfolgerinnen auf dem Zarenthron weitergeführt wurden. Dazu gehörten auch Kalenderreformen, die Umstellung der Stundenrechnung des Tages und der wiederholte - wenn auch vergebliche - Versuch, eine eigene Uhrenindustrie aufzubauen.
Russland blieb in erster Linie ein Agrarstaat. Industriegüter mussten weitgehend eingeführt werden. Und dazu gehörten auch Uhren - wenngleich es in Russland in der Zeit von 1400 bis 1850 mehr als 600 namentlich bekannte Uhrmacher gab.
Das änderte sich mit den ersten 5-Jahr-Plänen in den 1920er Jahren, mit denen eine industrielle Revolution angeschoben wurde.