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23.12.2019
Gründungsaufruf zum Arbeitskreis „Handwerkliche Techniken“ in der DGC
„Wie haben die das geschafft und womit?“ Oder: „Was haben sich die Altvorderen dabei gedacht?“ Derartige Fragen stellen sich fast zwangsläufig bei der Betrachtung einer mechanischen Uhr aus der Zeit, in der Uhrwerke noch nicht mit Hilfe von Computern konstruiert und mit vollautomatischen Maschinen hergestellt worden. Und noch viel eindringlicher werden diese Fragen von Uhrmacherinnen und Uhrmachern gestellt, die mit der Revision und Restaurierung von Uhren und Uhrwerken betraut sind. Denn eine fachgerechte Überholung und Wiederherstellung einer Uhr – sei es Großuhr, Taschenuhr oder Armbanduhr – verlangt Kenntnis und Beherrschung von den Techniken, die bereits bei ihrer Herstellung zum Einsatz kamen.
Doch das Wissen um diese Techniken läuft Gefahr, verloren zu gehen. Diejenigen Uhrmacher, die zu ihrer Lehrzeit bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts mit den traditionellen handwerklichen Techniken der Uhrmacherei vertraut gemacht wurden und diese in der Herstellung und Reparatur von Uhren anwenden konnten, sind schon lange im Ruhestand. Beeinflusst durch die Umbrüche in der Uhrenindustrie, hat gerade dieser Personenkreis selten die Möglichkeit gehabt, vorhandenes Wissen und Kenntnis über Materialien und Techniken an nachfolgende Generationen von Uhrmachern im Handwerk weiter zu geben.
Um diese Lücke zu füllen, möchten wir im Rahmen der DGC einen Arbeitskreis gründen der sich das Ziel setzt, handwerklichen Techniken in der Uhrmacherei zu dokumentieren. Dabei geht es in einem technikgeschichtlichen Ansatz zunächst um die Bewahrung von Wissen im Dialog mit den Personen, die noch mit handwerklichen Techniken vertraut sind und insbesondere vor der Einführung der Quarzuhr in der Herstellung und Revision von Uhren tätig waren. Gleichzeitig möchten wir einen konservatorischen Ansatz verfolgen. Durch die Dokumentation und Weitergabe von handwerklichen Techniken soll es ermöglicht werden, auch in Zukunft historische Uhren fachgerecht zu revidieren bzw. zu reproduzieren.
Dazu sollen in einem Team von Uhrmacher*innen, Wissenschaftler*innen und professionellen Dokumentarfilmer*innen „How to“-Videos erstellt werden, die durch eine Bild- und Schriftdokumentation ergänzt werden. Ziel ist es dabei nicht nur, die eigentliche Tätigkeit zu erfassen, sondern gleichfalls den technischen Hintergrund sowie verwendete Materialien und Werkzeuge soweit zu dokumentieren, dass die Tätigkeit vollständig nachvollziehbar wird. Hier sehen wir einen großen Vorteil gegenüber einer Vielzahl bereits bestehender Publikationen insbesondere in Textform: Oftmals bleibt ein bestimmter Teil einer Tätigkeit (bewusst oder unbewusst) undokumentiert, sodass die Reproduzierbarkeit nicht gegeben ist.
Die auf diese Weise durch den Arbeitskreis erarbeiteten Dokumentationen sollen Museen, Berufsschulen und nicht zuletzt der DGC zur Verfügung gestellt werden. Dabei soll zumindest ein Teil der anfallenden Kosten für die professionelle Dokumentation gegenfinanziert werden.
Um die Machbarkeit einer derartigen Dokumentation zu demonstrieren und praktische Erfahrungen zu sammeln, möchten wir zunächst eine kleine Auswahl von handwerklichen Techniken treffen, die dann dokumentiert werden sollen. Dafür rufen wir alle Mitglieder der DGC herzlich auf, Vorschläge einzureichen, welche traditionellen Techniken in der Uhrmacherei besonders gefährdet sind, in Vergessenheit zu geraten. Unsere bisherigen Ideen reichen von der körnigen Anreibeversilberung bis zur Herstellung von Bimetall-Unruhreifen. Gleichzeitig sind wir auf der Suche nach Mitstreitern und Personen die uns mit Rat und Know-How unterstützen wollen.
Kontakt: Marco Rothe – handwerk@dg-chrono.de